Eine einheitliche Gruppe, Nr. V, bilden die nd. Harzorte. Ihre Gründer, Holsaten im südwestlichen Holstein, sind um ihres christlichen Glaubens willen im Jahre 1072 ausgewandert und haben sich, wohl auf Rat ihres Erzbischofs Adalbert von Bremen, der in Lochtum bei Harzburg ein Gut besaß, in dem damals noch nicht besiedelten Harze niedergelassen. Hier konnten sie auf der Hochebene Viehzucht und Ackerbau treiben wie in ihrer alten Heimat. So entstanden zuerst die Orte Hüttenrode, Elbingerode, das nach den einwandernden Nordalbingern sogar benannt ist, Hasselfelde, wo schon ein königlicher Jagdhof bestand, und vielleicht Beneckenstein. Die andern Orte an den Bodeflüssen verdanken ihre Entstehung dem Hüttenwesen und sind viel jünger, aber ihre Sprache ist ganz dieselbe wie in den älteren Orten, ein Beweis, daß sie aus diesen hervorgegangen sind. Uebereinstimmend mit Gruppe III und IV sprechen alle i und e statt ü und ö: schêne hîser, mit Ausnahme des Wortes hölten hölzern in Beneckenstein; se lôpen statt lôpet; gans, jense; nischt wärt; schlân, schmîten, schnîn, schpräken, schtân, schwîn; ären; golt, gût, glâs usw. Aber abweichend von den andern Mundarten im Harzgau sind 1. die Formen êk, mêk, dêk, sêk, die nicht wie in der Hunmundart zweisilbig gesprochen werden. Nur an tonloser Stelle sagt man ek usw. 2. Der Uebergang von nd in ng, wenn auch nicht mehr in allen Fällen: hingene hinten, ungene unten, finglink Findling, halungere Holunder, mangelholt Forstort Mandelholz, fingen finden, efungen gefunden, bingen binden, ebungen gebunden. 3. Der Einschub eines t in der Mehrheit der Vergangenheit starker Zeitwörter , z. B. se jungten sie gingen, se bleiften sie blieben, se schlauchten sie schlugen, se wârten sie waren, se säten sie sagten usw. Diese Eigentümlichkeit fehlt jedoch in Hasselfelde. 4. Die Mehrzahlendung –ere statt –er: bendere, kindere, fingere, eijere u. a. Auch diese Eigentümlichkeit fehlt in Hasselfelde. 5. Ein eigenartiger Tonfall bei lautem Sprechen der im übrigen Harzgebiet fehlt. Als Besonderheit ist noch zu bemerken mei wir in Hasselfelde und Elbingerode; ârfein, ârfeit arbeiten, Arbeit in Benneckenstein; seun sagen, leun legen, ekreun von krîn bekommen, erhalten. In den kleineren Orten Treseburg und Wendefurt wird kaum noch Niederdeutsch gesprochen.

 

 

Gleichnis vom verlorenen Sohn in Benneckensteiner Mundart. V.

11. Un hei säde: En Minsche harre twei Sêne (Jungens).
12. Un de jingeste von den beiden sär for sîn’n Vâter: Jiff mêk mîn Arfdeil, wat êk emâl krîe! Un hei jâf êne sîn Deil.
13. Un korte Tît drop packe de jingeste alles tesamme und tôch wît hen; un et dûre gâr nich lange, dâ harre hei sîn ganze Krâm dorchebrocht.
14. Nû harre hei nischt mê. Awer dâ kâm jerâde ne dîre Tît in dat Land un hei harre nischt tau bîten un tau bräken.
15. Dâ jink hei hen nân grôten Bûren in'n Lanne un bî däne mußte hei de Schwine heuden.
17. Dâ wâr hei ganz trürich un sär: Min Vâter het sau vêle Dâgelêndersch, dei alle nauch te äten hem'n un êk mot hîr noch vor Hunger ummekom'n.

 

Sage von den Hedefrauen in Hüttenröder Mundart. V.

De Dîwel is schwart un zodlich un het'n pärfaut. Alsau is hîr ne frû west, dai vorâfrêdet sêk met ner andern frû, wat âwer ne hexe wâr, sei wil se dai nacht umme twaie âfhâlen un met êr in't lant nâ'r hêde gân. Wî dai frû opwâkt, is et êrscht twelewe, âwer dai hexe het al licht. Dâ gait se lôs, un wî se ungene vôr't hûs kimt, kukt se êrscht mâl dorch et fenster un sît dâ dai frû met'n Diwel danzen. Wî se dän grûlijen kärl met der frû danzen sît, wâr êr nich wol, un se denkt bî sêk, dû darfst dêk nich sain lâten, un trit tar halwe. Indäm schlait et twelewe un dat licht is ûte. Dâ denkt dise frû: nû moste êrscht en betjen wâren, dat se nich markt, dat dû se sain hest. Nâ ner wîle, dâ klopt se. Dâ kukt dai hexe rût un secht: wat witte denn al? Et het êrscht twelewe schlân, kum man rin, et is noch te freu. Se gait ôk rin, un dai andere mâkt sêk raisefartich un dricht denn ne satte melk här un secht: nû kum här und drink êrscht mâl, sist wären wai underwäjes darschtich. Se drunkten un junkten denn fôrt. Underwächs vortellten se sêk dit un dat, un dai frû konn'et nich lâten un frauch: "wär wâr'n dat man, wû medde danzt hest"? "Zimâl", secht de hexe, "dat harschte mêk êr soln esecht heb'n". Wî se innkoft harren un wedder nâ hûs junkten, wort de frû sau marôde un schlecht te sinne, dat se kumme nâ Blankenborch kâm, dâ moste se lîn blîben un se mosten se op'n wâgen nâ Hittenrô rophâlen. Un dâ het dai frû en bêses bain ekreïn, un dai feltscär het sebben schetteldeuker rûtere hâlt. Dat harre dai hexe êr ânedân.